Hallo Ralf (?),
Also habe ich mich einem Tierheim in der Nähe als Dauerpflegeplatz angeboten.
eine ehrenwerte Entscheidung hast du getroffen! Meine Hochachtung vor deinem Engagement.
Mit viel Anteilnahme habe ich deinen Bericht gelesen und freue mich mit dir auf deinen neuen Vorbeiner. Ich kann gut verstehen, wie aufgeregt aber auch unsicher du in dieser Situation bist. Sicherlich willst du alles gut und richtig machen und dem neuen "Knaben" noch ein paar wunderbare Jahre gestalten. Weißt du, wie lange er schon im Tierheim ist? Wo er vorher war? Wie sein Tagesablauf vorher aussah? Wer seine Beugsperson war?
Nein, das muss man nicht alles wissen, aber hilfreich ist es manchmal. Ich hatte zwei Hunde aus 2. Hand und so manche Situation hat mich vor Fragen gestellt, die ich gern beantwortet gehabt hätte. Nun haben wir im August des letzten Jahres einen Welpen bekommen und im Vorfeld war ich genau so aufgeregt. Hoffentlich machen wir alles richtig! Ich habe ihn tagelang nicht aus den Augen gelassen und ihn auf Schritt und Tritt - meist aus dem Augenwinkel – beobachtet. Kaum habe ich mich nach oben getraut, weil ich nicht wusste, wie er sich unten allein verhalten würde.
Einiges wusste ich allerdings:
- dass ein Hund Zeit und Ruhe braucht, um sich an sein neues Zuhause zu gewöhnen
- dass ich mich so normal wie möglich verhalten muss, damit er unser Leben und unseren Tagesrhythmus auch kennen lernen kann.
- dass ich einen Hund "kommen lassen muss", d.h., dass ich eher nicht auf ihn zugehe, damit er sich nicht bedrängt fühlt.
Hier noch ein paar Gedanken zu deinen Fragen
Was muss ich beachten wenn so ein "alter" Pflegehund aus dem Tierheim zu mir kommt?
Dem Hund seine Würde zurückgeben, d.h. ihn vorsichtig und respektvoll behandeln und mit
ruhiger und sicherer Hand führen. Jede Angst überträgt sich. Deshalb am Anfang lieber viele kleine, sich wiederholende Runden gehen, damit ihr beide sicherer werdet. Meine Nachbarin sowie eine Bekannte haben hat sich faast zeitgleich vor einem halben Jahr auch etwa 10 Jahre alte "Notfelle" zugelegt. Es geht sehr gut. Man muss eben die Eigenheiten und Persönlichkeit des erwachsenen Hundes herausfinden und dafür braucht man Geduld und Liebe. Sachkenntnis über die Kommunikationsmittel des Hundes wären von Vorteil. (Buchtipp: Turid Rugaas: Calming Signals/Die Beschwichtigungssignale der Hunde sowie Clarissa von Reinhardt und Martina Scholz: Caling Signals Workbook und dazu gibt es eine wunderbare DVD)
Was sollte ich vorher besorgt haben?
Ernährung: Die Tipps des Tierheims aufnehmen und im Internet nach Seniorenfutter sehen (Hills etc).
Leckerli, 2-Meter-Leine sowie 5-7 Meter-Leine für die etwas freieren Spaziergänge, Halsband mit Zugstopp oder Geschirr, eine gepolsterte (Schaumstoff o-ä.) Liegepolster aber nicht vor die Ausgangstür legen sondern in einem Rückzugsbereich legen. 2 Näpfe (vielleicht auf dem Ständer), Kaumaterial
Wie sollte ich die ersten Tage "gestalten" - um ihn nicht zu überfordern, aber auch nichts "einreißen" zu lassen?
Du willst ein friedliches und entspanntes und fröhliches Leben mit dem Hund, oder? Genau das zeig ihm und lebe es ihm vor. Er passt sich an, wenn er merkt, dass du ihn verstehst. Er hat viel Vertrauensverlust zu verarbeiten. Wenn du dich ruhig und ausgeglichen verhältst, kannst du viel erreichen.
Dir vorher überlegen, was der Hund darf oder nicht: an Häuserecken pinkeln, anspringen, Küche betreten etc.
Wenn du dich für Tabu-Räume entscheidest kannst du ihm die gespreizte Hand entgegenstrecken, das heißt: Stopp, bis hier und nicht weiter. Das respektieren die meisten Hunde.
Ruhe, Ruhe, Ruhe erst drinnen, dann kleine aber mehrere Gänge in engster Umgebung, erobere nochmal mit ihm deine engste Umgebung von allen Seiten, nicht gleich weit wegfahren. Langsam die Kreise um sein neues Zuhause weiter ziehen.
Immer vom Bekannten und Sicheren zum Neuen.Nicht fixieren: d.h. wenn du ihn anschaust, blinzeln, über die Lippen lecken, auch ruhig zur Seite schauen,a uch mal gähnen, wenn du merkst dass der Hund unruhig ist, d.h. du bist in friedlicher Absicht und suchst Entspannung. Das signalisiert dem Hund, dass du seine Sprache sprichst und ihn nicht bedrohst.
Wie gehe ich damit um wenn(!!) er durch das längerer Zwingerleben nicht mehr stubenrein sein sollte (wußte die Tierheimleitung jetzt nicht wirklich)?
Ausprobieren und wortlos wegmachen und seinen Rhythmus von Verdauung, Fressenszeiten und Lösungsbedürffnis kennen lernen. Dem entsprechend die Gänge einrichten. Nie schimpfen!
Ein souveräner Rudelführer kannst du werden, der nie bestraft oder ausfallend wird, weil Hunde keine Strafe kennen und emotionale Ausfälle mit Verunsicherung beantworten. Sie sind nie nachtragend sondern lernen nur dazu. Ein ruhiges aber bestimmtes "Nein" oder ein "Räuspern" richtet manchmal mehr aus als ein scharfes "Pfui". Die Körpersprache sagt ehedem mehr aus als menschliche Worte. Gerade am Anfang ist es wichtig, dass du dich nicht über den Hund beugst, denn das könnte er als Bedrohng auffassen, sondern immer seitlich die Leine anlegst oder dich ein wenig in die Hocke begibst.
So, nun reichts aber wirklich an Tipps, sonst schwirrt dir nur noch der Kopf und vernebelt dir die Vorfreude.
Du machst das schon, und wenn du weitere Fragen hast, sind wir hier auch immer für dich da. Im Forum sind mehrere,die mit Ex-Tierheimhunden leben.
Alles Gute für Samstag - und berichte doch mal.