Türke, Grieche und Co

Türke, Grieche und Co

Beitragvon Jenni » So 4. Jan 2009 20:14

Hallo,

ich muss jetzt mal kurz meinem Ärger Luft machen. Wir hatten hier ja schon so den einen oder anderen, der dann ja auch gerne Unwissenheit unterstellt!!

Ich möchte hier vorab in aller Form betonen, dass ich engagierte Tierschutzarbeit toll finde, wenn sie richtig betrieben wird!!

Um mal eben zu erzählen, warum ich oft so griffig werde, wenn es um Tierschützerei geht, will ich Euch hier gerne mal erzählen und fände es schön, wenn Ihr Eure Meinung dazu kund tut. Ich bin für eine möglichst sachliche Diskussion!!

Das Gute vorweg: Ich habe ein Kundin im Nachbarort, die sich einen Hund aus Ungarn geholt hat. Wahrscheinlich ein Windhundmix und ein wirklich toller Hund. Er ist so, wie man ja viele aus dem Ausland kennt. Er ist total verschmust und lieb - grade mit seinen Bezugspersonen. Er versucht wirklich alles richtig zu machen, ist total sozial und bildschön. Die Tierschutzorganisation, war vorher da und hat die Lebensumstände der Familie abgecheckt und ruft im Moment auch noch alle paar Wochen an und fragt, wies klappt und ob sie hilfe brauchen. Wirklich, wirklich toll. Die haben auch nicht den ersten Hund bekommen, den sie sich ausgesucht haben, weils ein Owcharkamix war und die Leute gesagt haben, dass die Familie einfach nicht geeignet ist, so einen Hund, der irgendwann auch sicherer wird, gut zu führen, auch wenn die Lebensumstände es schon hergegeben hätten - zeit- und wohntechnisch!

Nun hier aber mal die andere Seite und ich könnte sicher den ganzen Abend solche Storys berichten:
1. Junger Mann, hatte noch nie vorher Hunde. Wohnt noch bei seinen Eltern, die gar keinen Hund wollen. Er ist aber volljährig und geht zum Tierheim. Sagt dort, dass er noch nie Hunde hatte, acht Stunden am Tag arbeitet, seine Eltern aber zu Hause sind (aber eben nichts von dem Hund wissen wollen), nicht besonders sportlich ist und einen einfach Hund haben möchte. Was bekommt er? Einen Pharaonenhund aus Ibiza! Drei Jahre alt, unkastrierter Rüde. Nach drei Wochen knurrt er im Haus schon die Eltern an. Liegt er unter dem Tisch, während gegessen wird und jemand bewegt die Füße, beißt er da rein. Er hat jetzt in innerhalb von einem halben Jahr 6 kg, was viel ist für 16 kg Hund zugenommen, weil niemand richtig mit ihm läuft. Fahrrad fahren wurde einmal versucht und zwar so: Rad raus, Hund an Leine, losfahren. Keinerlei Gewöhnung - nur Ernüchterung! Der will wohl nicht laufen! Er war noch nie von der Leine und ist nun schon ein paar Jahre dort. Auf Rüden reagiert er hochaggressiv. Über positive Bestätigung läßt er sich absolut überhaupt zu gar nichts animieren. Auf Nachfrage, ob das bekannt war: "Ja, nicht ganz so doll, aber einfach sind so Pharaonenhunde ja nie. Das hätte er doch wissen müssen!" ER, der nicht mal wußte, was das für ein Hund ist!!

2. Junge Frau, letzter Hund vor vier Wochen verstorben. Läuft einer Tierschützerin über den Weg mit einer Border Collie ähnlichen Hündin, spricht die an, weil die so niedlich wäre und erzählt ihr dummerweise, dass ihr alter Hund verstorben sei. Die Tierschützerin besabbelt sie solange, bis sie die Hündin nimmt, obwohl sie sie gar nicht haben will. Die Hündin ist 10 Monate alt, seit ca. 5 Wochen in Deutschland, kommt aus der Türkei. Wurde dort mit vier Monaten unter einem Auto gefunden und in einem Tierheim gelebt, bis sie hierher geholt wurde. Die Hündin hatte Angst vor allem, Schatten an der Wand, Autos, dem Geräusch der Kaffeemaschine, Türklingel, Geräusche im Treppenhaus, dem Abzug der Toilette ALLEM!! Nun geht das einigermaßen. Jetzt will sie keine Gäste mehr reinlassen, stellt sich zwischen den Gast und ihr Frauchen, zwackt ab, zwackt auch hinterher. Reagiert aggressiv auf andere Hunde an der Leine. Ohne Leine hochgradig ängstlich und beschädigt in der Angst. Beißt dann auch Menschen, die in ihre Nähe kommen. Bellt das ganze Haus zusammen, wenn Frauchen geht. Bellt draußen Leute an!! Bellt im Auto. Läßt sich von keinem anfassen außer ihrem Frauchen, die völlig ihr - also dem Hund gehört -. Als die junge Frau sich bei der Tierschützerin meldet und ihr Leid klagt, bekommt sie nur zu hören: "Dann sind sie wohl zu dumm den Hund zu erziehen. Ihr Problem. Ist ja jetzt ihr Hund!"

Ehrlich, ich weiß, es geht auch anders und viele TierschutzOrgas machen einen guten Job... aber was einige hier echt verzapfen ist unter aller Kanone. Und wenn man sich dann anhören oder lesen muss, dass man sich wie ein Nazi verhält, nur weil man es nicht gut findet, wenn diese Hunde in FOREN angepriesen werden, dann kriege ich den kalten Hass!!

Denn gute Tierschützer arbeiten einfach anders. Meine Kollegin war jahrelang Pflegestelle für Retriever in Not, ist es noch immer jetzt nur für Ridgebacks, eine von den Damen, die bei mir die Hundetrainerausbildung gemacht hat, nimmt ebenfalls Hunde auf und die beiden machen ihren Job wirklich super und sehr gewissenhaft. Keiner von den vermittelten Hunden kam bislang zurück und sie stehen noch mit allen Leuten in Kontakt!!

So sieht für mich guter Tierschutz aus! Und dann können sie von mir aus auch ruhig den ein oder anderen Hund aus dem Ausland hier her holen, solange dort vor Ort auch Prävention geleistet wird! Aber was gar nicht geht ist Tiere aus dem Ausland für 50,-Euro hier rüber holen auf Bestellung und für 400,-Euro verticken! Und das ist bei uns hier Gang und Gebe.
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Re: Türke, Grieche und Co

Beitragvon Wisgard » Mo 5. Jan 2009 14:06

Liebe Jenni,

ich sehe den Auslandstierschutz auch mit gemischten Gefühlen.

Zum einen wünsche ich natürlich jedem Hund, dass er ein schönes Zuhause bekommt. Da müssen wir nicht diskutieren, da sind wir sicher alle einer Meinung.

Ich denke aber auch, dass Probleme vor Ort gelöst werden müssen, mal vollkommen von der Tatsache abgesehen, dass unsere Tierheime aus allen Nähten platzen (besonders zur Urlaubszeit, wo Herrchen und Frauchen in den Süden fliegen. Welch Ironie.)

Auslandstierschutz heißt zum Beispiel, Kastrationsprogramme vor Ort finanziell zu unterstützen.

Ich halte das Vermitteln auch oft für fragwürdig. Viele dieser Hunde haben Angst vor Menschen. Da kann man noch so sehr Tierfreund sein, ohne entsprechendes Training bekommt man das nicht weg. Hunde die halbwild gelebt haben, können sich manchmal auch gar nicht an das Zusammenleben mit Menschen im Haus gewöhnen.

Die zukünftigen Halter müssen auf Herz und Nieren geprüft werden. Es ist etwas anderes, ob man einen gut sozialisierten Hund von einem seriösen Züchter aufnimmt (und selbst da kann man als „Anfänger“ noch ganz viel verbocken) oder einen Hund, der all die Dinge, die für unsere Hunde normal sind, nie kennen gelernt hat.

Kürzlich hörte ich von einem Fall, wo eine junge Hündin aus Griechenland adoptiert wurde. Der neue Halter präsentierte kurz darauf den Nachwuchs dieser Hündin. Sie wurde in Deutschland gedeckt, weil der Halter keine Vorsichtsmaßnahmen getroffen hatte und Welpen ja „so süß“ sind. Da kommt mir der Kaffee von Vorgestern wieder hoch.

Lieben Gruß
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Re: Türke, Grieche und Co

Beitragvon Gudrun » Mo 5. Jan 2009 17:31

Hallo,

dazu fällt mir folgende traurige Geschichte ein:

Eine Frau rief mich an und ersuchte nach Adressen von Tierärzten, die evtl. bereit wären, ihren 3-jährigen Podenco einzuschläfern. Es ginge einfach nicht anders, er sei zu gefährlich geworden, hatte schon 2 Hunde der Nachbarschaft getötet und biss auch Menschen. Die bisher gefragten Tierärzte weigerten sich, weil der Hund ja körperlich nichts hatte.

Sie hatte diesen Hund im Urlaub angezündet von einer griechischen Straße im Welpenalter ein paar Jungs weggenommen, gelöscht, verarztet und mit nach Deutschland gebracht. Er sei aber trotz Hundeschule und allen möglichen Erziehungsversuchen immer wilder geworden und nach der Kastration mit 9 Monaten richtig aggressiv geworden.

Ich konnte sie nicht überreden, den Hund in erfahrene Hände weiter zu geben - nein, das könne sie nicht verantworten - gab ihr auch keine Tierarztadressen, bin aber sicher, sie wird einen gefunden haben...

VG Gudrun
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Re: Türke, Grieche und Co

Beitragvon Jenni » Mo 5. Jan 2009 20:07

Hallo,

ja Wisgard das sehe ich absolut und zu 100% genauso!!
Vor allem die Vorgehensweise mancher sogenannter Tierschützer macht mich richtig wütend. Ist manchmal schon lustig, da setze ich vor kurzem diesen Thread hier rein und heute morgen steht eine Tierschutzorganisation in dem Supermarkt wo ich immer einkaufen gehe. Ich packe mein Kram an der Kasse ein, bin noch am wuseln, da tickt mir schon einer auf die Schulter: "Haben sie heute schon fünf Minuten Zeit damit verbracht, über Tierschutz nachzudenken!" Nun muss ich sagen: ich kann auch A... sein. Da die mich immer ansprechen, egal wie böse ich gucke, konnte ich mir schon ein wenig zurecht legen und da kam mir die Frage grade recht, weil ich nämlich heute morgen (bevor ich einkaufen war), bei meiner Kundin mit der kleinen angst-aggressiven Türkin war und meinte: "Ne, keine fünf Minuten, habe ungefähr 120 Minuten heute schon für den Tierschutz und den Mist den dieser verbockt gearbeitet. Damit habe ich ja jetzt 24 Mal gut, die ich nicht angequatsch werden brauche!? Oder?" Er war erstmal verdutzt und meinte dann: "Schlechte Erfahrung!?", "Ne, kann ich so nicht sagen! Schlecht betriebener Tierschutz finanziert mir ein Teil meines Lebens. Das heißt nicht, dass ich ihn gut finde. Ich unterstütze gerne, aber nicht nach Ansprache im Supermarkt! Schönen Tag noch!" Sowas nervt mich total, da kann ich richtig granzelig werden!

Gudrun ehrlich, für manche dieser Hunde ist das wirklich die bessere Lösung. Ich hatte ja schon mal als Bluebell von Khalim berichtet, dem Sage Kochee. Den hat seine Familie ja auch aus dem Ausland mitgebracht, als er so klein, niedlich und knuddelig bei dem Schäfer in einem dreckigen Korb lag, tat er ihnen leid... Er hätte es da bei diesem Schäfer 100Mal besser gehabt. Nun ist er gut vermittelt auf einem Gnadenhof, wo er seinen Job machen kann. Aber erst nachdem er drei Leute gebissen und alle Hunde vertrieben hatte! Sowas geht nicht. Und bevor so eine Maschine dann nochmal falsch vermittelt wird, und schlimmes anrichtet, sollen sie es auch lieber von größerem Leid erlösen...
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