Auslandshund

Auslandshund

Beitragvon Verybigmama » Sa 28. Mär 2009 20:30

Hi ,
ich habe bislang schon mehrfach "erfolgreich" Hunde gehabt, die einfach toll waren! So super Partner, echt spitze! Aber... die habe ich als Welpe bekommen....
Vorgeschichte: Ich habe die Pension meiner Eltern im Allgäu vor einigen Jahren übernommen, wir leben alle als gemeinschaftliches Rudel unter einem Dach, meine Eltern als Senioren, mein Mann und ich und die "Kids" mit jetzt 14 + 17 Jahren... die Hunde sind in einem intakten Rudel ordnungsgemäß aufgewachsen, von klein auf, mit Liebe verwöhnt und mit einem forschen "nein" erzogen... der letzte ist vor einem halben Jahr gestorben... und da ich nicht ohne Hunde sein kann, habe ich mir wieder einen aus dem Tierheim ausgeguckt (war geklärt, neues Tier im Frühjahr). Die Neue war als Welpe ausgeschrieben, hat sich dann aber als 2Jährige geoutet. Heute hatten wir die 2. Begegnung (das Tierheim wünscht 3 - 4 Begegnungen um das Tier zu nehmen). Mein Vater ist strikt dagegen (zu klein, zu verstört), alle anderen finden sie süß und wollen sie lieber heute als morgen...
Nora: seit 4 Wochen in Deutschland, aus einer Tötungsstation in Portugal gerettet, nicht nur von Menschen misshandelt, auch von den anderen Hunden verbissen; der Tierpfleger im Tierheim war begeistert, das sie mich gestern nicht gebissen hat als ich sie gestreichelt hatte!!
Fakt: alle Familienmitglieder wissen, dass das Tier RUHE braucht, wenn sie nächste Woche kommt (auch wenn alle gleich mit ihr spielen wollten!), Rückzugsmöglichkeiten sind schon vorhanden. Sie kennt keine Leckerlies und hat dementsprechend auch kein Intresse daran, ferner ist sie so ängstlich, dass sie nicht mal mehr Gassi geht (selbst im Tierheim unter Aufsicht von ausgebildeten Pflegern nicht!). Spielzeug kennt sie auch nicht.
Sie ist ein Klassehund! Wenn man sie gesehen hat, weiß man dass Potential dahinter steckt!!
Ich bitte dringend um ein paar Tips, wie ich uns das Leben leichter machen kann und besonders für sie, wie ich noch besser ihr Vertrauen erringen kann, sie ist einfach wahnsinnig ängstlich!
Danke!
Verybigmama
 
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Re: Auslandshund

Beitragvon Pfiffikus » So 29. Mär 2009 11:43

Hallo,

du weißt doch schon sehr viel über diesen Hund. Hast dir viele Gedanken gemacht und schon einiges organisiert. Ich würde sagen, du schaffst es, wenn du es wirklich willst und dahinter stehst, gibt es für alle einen Weg zu einem harmonischen Miteinander.

Ich habe nun seit 2 Wochen einen Tierheimhund (Vizsla-Mix Rüde 1-2 Jahre ca.) und dieser kam ursprünglich aus Ungarn. Er war gerade mal seit fast zwei Monaten in dem Tierheim in Deutschland und hatte schon den Weg zu uns gefunden. So gesehen, auch ein Auslandshund.
Gut er ist nicht verstört und sonst was. Aber seine Vorgeschichte kennen wir überhaupt nicht. Er war vermutlich ein Straßenhund, denn das zeigt sich bei ihm auch sehr ausgeprägt am Müll aufspüren und Menschen anbetteln. Wobei wir dagegen angehen. Und ich mir vorstellen kann, dass er immer mehr merken wird, dass er hier bei uns ausreichend Essen und ein schönes zu Hause hat.
Das einzige was uns etwas zu denken gibt, sind sein Durchfall (er hatte Gardien) und die Krankheitsvorgeschichte. Er wurde 2mal gegen Babesien geimpft.

In der 1.ten Woche war er etwas aufgeregt und ist viel hin und her gelaufen. Nun scheint es, als hätte er seinen Platz gefunden. Wir können schön mit ihm Gassi gehen, er hört gut auf "komm" und "sitz". Das mit dem "bleib" und "nein" üben wir noch.

Für einen Hund sind Leckerli bestimmt eine tolle Sache. Es muss ja nicht unbedingt so das Gängige sein. Sicherlich findest du irgendwann heraus, was der Hund besonders gerne verspeist! ;)
Bedenken werden immer irgend welche Leute oder Verwandte haben. Einer gibt einem immer den Rat alles zu überdenken. Doch wenn du es willst und der Hund es auch gut findet, dann mach es!

Da deine Kinder schon groß sind, können sie damit auch besser umgehen (lernen). Ich würde dem Hund alles bieten, ihn viel beobachten und ihn zunächst in Ruhe lassen. Sehen was passiert, wenn ich dies oder jenes tue. Das Vertrauen wird wachsen, wenn das Tier (verhält sich wie beim Menschen) merkt, dass du dich ihm nicht aufzwingst und es erstmal so okay ist, wie es ist.
Natürlich sollte beißen und was sonst noch störend für euch wäre sofort aberzogen werden. Aber ich würde da jetzt nicht auf solche besonderen Details achten, sondern alles in der nötigen Geduld und Ruhe dem Hund gegenüber antrainieren.

Wünsche dir ganz viel Erfolg und eine schöne Zeit mit dem Hund!

Gruß Susanne
Pfiffikus
 
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Re: Auslandshund

Beitragvon Verybigmama » So 29. Mär 2009 14:07

Danke für das liebe Schreiben
Verybigmama
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Re: Auslandshund

Beitragvon Herr Mannelig » Mo 30. Mär 2009 18:55

Grüß dich Verybigmama,

unsere Süße ist auch aus einem Tierheim, war dort auch recht lange und galt -warum auch immer- als fast unvermittelbar (sie wurde schon drei mal wieder zurückgegeben). Laut Impfpaß stammt sie aus Rumänien.
Sie ist nun vier Jahre alt und wurde ganz sicher auch schon gehörig oder oft verdroschen, was sich an einer Narbe direkt auf dem Kopf und ihrem Verhalten zeigt, wenn man einen Gegenstand schnell nach oben bewegt wie z. B. beim Stöckchenwerfen - da geht sie angstvoll quietschend in volle Deckung.
Im Tierheim wurde sie auch nicht gerade gepflegt, so nahm man ihr das -viel zu kleine- Geschirr nicht ab, was an einigen Stellen das Fell fast schon bis auf die Haut abgescheuert hat, dann "wohnte" sie in einem Zwinger genau neben einem Hund der sie schon einmal böse gebissen hatte und so war Dauerbellen angesagt. Auch vor Autos hat sie Angst, was sie noch alles erlebt und durchgemacht hat will ich gar nicht wissen.
Im Tierheim selbst war Spazierengehen auch nicht mehr machbar da sie sich nicht mehr als ca. 100m vom Tierheim entfernte, danach gab es Totalverweigerung.

Nun, sie tat uns Leid außerdem fanden wir sie süß und so nahmen wir sie mit. Das auch noch zu drei Katzen :mrgreen:

Das erste was wir machten war eine ordentliche Profipflege im Hundesalon da das Fell komplett ruiniert und vor allem völlig versifft war, danach gab es gleich ein neues Geschirr (ein K9), das alte konnten wir wegschmeißen, selbst nach mehrmaligem waschen in der Maschine hat es immer noch übel gestunken.
Da nicht sie sich nur an die neue Umgebung, sondern auch die Katzen sich an sie gewöhnen mußten, haben wir ihr ersteinmal einen schönen Kuschelplatz in einer Zimmerecke eingerichtet von wo aus sie alle gut beobachten und so auch den Tagesablauf kennenlernen konnte. Nachts blieb die Tür zu, sodaß sie in Ruhe schlafen konnte.
Die ersten zwei Wochen war im Grunde nur gegenseitiges Kennenlernen im Programm mit kleinen Gängen durch unsere Dorfhälfte, danach wurde Stück für Stück der Radius erweitert. Je mehr sie kennenlernte, desto entspannter und neugieriger wurde sie auch und so konnte ich sie schon in der zweiten Woche an die Schleppleine nehmen, in der vierten Woche schon kurz von der Leine lassen - inzwischen war von ihrem 100m-Radius nichts mehr übrig geblieben.
Wir haben also mit viel Ruhe(!) und Geduld und auch mit viel Ansprache in (wie ich finde) recht kurzer Zeit ein Vertrauensverhältnis aufgebaut, sie hat verstanden, daß es ihr bei uns gut geht.
Viel Pflege (kannte sie nicht), viele Angebote zum Spielen (kannte sie augenscheinlich auch nicht), super Futter und viele, viele Kuschel- und Schmuseinheiten haben jetzt nach drei Monaten ein ganz tolles Verhältnis geschaffen, welches einfach nur Spaß macht.

Heute waren wir wieder lange draußen, ohne Leine. Sie konnte toben (was auch immer mehr wird), schnüffeln, gucken, läßt sich immer, immer besser heranrufen und als ich mich auf eine Bank setzte um mal eine zu rauchen kam sie an, setzte sich zwischen meine Beine, drückte sich an mich und ließ sich die Öhrchen kraulen :D
Sowas freut einen doch, oder?

Ich denke, wenn du jetzt schon siehst, daß die Nora ein toller Hund ist, bekommst du ebenso wie wir mit viel Ruhe, Geduld und Liebe auch ihre Störungen weg. Wenn das Vertrauen ersteinmal gegeben ist, hast du schon gewonnen.

Lieben Gruß,
Frank
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Re: Auslandshund

Beitragvon Verybigmama » Mo 30. Mär 2009 22:55

Ganz[b][/b]lieben Dank für all die tollen Zuschriften! Ich habe mich riesig darüber gefreut, dass wir nicht ganz allein sind.
Danke
Verybigmama
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Re: Auslandshund

Beitragvon mitsch » Di 31. Mär 2009 14:08

Hallo,

auch wir haben einen Hund vom BMT in Ungarn. Wir waren zwar auf einen Hund eingestellt, haben viele Bücher gelesen und uns echt Gedanken über Urlaub und Arbeitszeiten gemacht. Dann war es soweit ich musste nur noch 3-4 Std. arbeiten gehen und wir holten Lucky aus dem Tierheim. Keine Vorgschichte aber voll mit Giardien und Bakterien im Darm. Er kam mit 2 durchgebissenen Ohren und verletzter Pfote zu uns. Er kannte keine Wohnung, kein Auto, keine Leckerlis nichts. War haben Lucky jetzt etwas über 1 Jahr. Die ersten Tage lief er auf und ab wir ließen ihn ganz in Ruhe ohne Besuch von Oma, Opa und Nachbarn. Dann kam er nach 7 Tage abend zu uns uns legte sich auf meine Füsse. Wir waren überglücklich :-) Er schlief sehr viel und wir ließen ihn auch und forderten gar nichts. Er wurde mit der Zeit immer sicherer und auch neugieriger in der Wohnung, dann fingen wir an mit ihm spielerisch zu üben und er war ganz heiss darauf. Da er keine Leckerlis kannte, gab es gekochtes Putenschnitzel. Draussen ging er vor Unsicherheit auf alles was ein Hund war mit großen Gekläff los. Dieses Problem haben wir ganz langsam mit Halti lösen können und gehen 2x die Woche in die Spielstunde der Hundeschule. Wir sind 2x die Woche in die Stadt gefahren. Sind am Tag immer mit dem Auto zur Wiese, damit er sich daran gewöhnen kann. Jetzt nach einem Jahr harter aber auch wunderschöner Arbeit, voll gekotzem Auto (ich glaube an die 30x mal) und überstandenen Durchfällen, kann ich es mir ohne unseren Lucky nicht mehr vorstellen er ist total schmusig und lieb. Er wird nie die Unsicherheit ganz überwinden aber was er und wir schon an Fortschritten gemacht haben ist super toll aber auch mit viel Arbeit und Fingerspitzengefühl verbunden.

Ich wünsche Euch viel Glück, Ruhe und Geduld, wenn ihr Euch für ihn entscheidet.

Ganz liebe Grüße

Lucky & Frauchen
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