Der ganze Text erscheint mir als ziemlicher Unsinn - so kann man einem vom Bellen überzeugten Sheltie seine Leidenschaft mit Sicherheit nicht austreiben
Ansonsten kann man "Augenblicke" nicht pauschalisieren.
1) Situation
In die Augen schauen ist bei Hunden wie bei Menschen auch situationsabhängig. Was in der einen Situation ein provokativer Akt ist, kann in einer ganz anderen Situation tiefe Zuneigung und Vertrauen bedeuten. Es kann Orientierungshilfe sein oder Zusammengehörigkeit widerspiegeln. Es kann ermahnen oder bestätigen. Usw.
2) Rasse
Dann sollte man noch differenzieren, mit was für einem Typ Hund man gerade zu tun hat. Für viele Hütehunde ist "Augenarbeit" zum Beispiel eine ziemlich normale Sache, was aber gerade bei Kontakt mit nicht-Hütehunden manchmal Konfliktpotential birgt, da andere Hunde den direkten Blick des Hütehundes fehlinterpretieren können. Wobei auch hier wieder die Situation eine große Rolle spielt - auch Hütehunde können wunderbar mit Blicken provozieren oder imponieren.
3) Individueller Hund und seine Lernerfahrung
Man kann einem Hund beibringen, dass direkter Blickkontakt nicht erwünscht ist, wenn man dieser ollen Dominanzleier anhängt. Glaubt der Mensch, dass sein Hund ihn provozieren will, nur weil er ihm direkt in die Augen sieht und verbietet dieses Verhalten daher konsequent (straft es vielleicht sogar), wird der Hund ziemlich schnell jede Form von direktem Blickkontakt zu Menschen vermeiden, was schade ist. Denn unter sich vertrauten und einander nahe stehenden Hunden oder zwischen Hund und Mensch kann ein tiefer Blick Bindung und Vertrauen widerspiegeln. Ebenso kann der direkte Blick des Hundes zu seinem Menschen Orientierung des Hundes am Menschen bedeuten - Hund "checkt" was sein Mensch gerade macht und was er wohl im Sinn haben könnte, und passt sich daran an. Auch hier wieder ist die Situation entscheidend.
So wie man Hunden den Blickkontakt abgewöhnen kann, kann man ihn auch angewöhnen. So soll z.B. mein Hund mir bei der Fußarbeit in die Augen sehen, ebenso ist es angesagt, dass sie mir so lange in die Augen sehen soll, wenn der gefüllte Napf vor ihr steht, bis sie die Freigabe bekommt. Das hat nichts mit Dominanz zu tun, sondern dient für sie einfach der Aufmerksamkeitsfokussierung, da sie zum "hibbeln" neigt. Blickkontakt hilft ihr enorm sich zu konzentrieren und in Geduld zu üben. Sie kann einen aber auch großartig anstieren, wenn es Futterzeit (ihrer Meinung nach) ist, und ihre Menschen sich einfach nicht rühren wollen. Dann wird gestarrt was das Zeug hält - egal ob wir zurückgucken oder nicht. Die Augen sind dabei weit geöffnet und "flehend". Auch hier ist wieder von Dominanz oder gar Provokation keine Spur, trotz des Anstarrens.
Situationen können auch alleine über ein Abwenden des Blicks manchmal entschärft werden, begegnen sich 2 friedlich gestimmte Hunde, werden beide bestrebt sein den anderen nicht anzustarren, sondern sich ggf. sogar noch demonstrativ etwas abzuwenden. Sowas gibt es durchaus auch unter Menschen, vielleicht nicht unbedingt hierzulande, aber z.B. in Japan würde man bei einer Begrüßung mit direktem Blickkontakt ausgesprochen negativ auffallen.
Natürlich kann Mensch und Hund auch allein über einen Blick zurechtweisen. Jeder von uns wird schon mal irgendwann von irgendwem einen "bösen Blick" kassiert, und diesen auch verstanden haben. Genauso ist es auch mit Hunden - benimmt sich einer daneben, kann durchaus schon ein langer Blick von Artgenossen oder einem Menschen ausreichen, um zu ermahnen. Auch kann eine Rangordnung durch Blicke widergespiegelt (aber nicht hergestellt!) werden. So ist es auch unter Menschen häufig (auch kulturkreisabhängig) eine provokative Geste, wenn man der hierarchisch niedergestelltere Mensch einen höhergestellten "anstarrt". Generell sollte eh zwischen ansehen und anstarren unterschieden werden. Ich kann jemandem in die Augen sehen - und ich kann ihm in die Augen starren. Beides mag ein wenig selbstbewusstes Individuum vielleicht als unangenehm empfinden, aber nur das eine wird allgemein als unhöflich und provokativ gewertet - unter Menschen wie auch unter Hunden.
Darum kann man nicht einfach sagen "einem Hund in die Augen zu sehen ist eine Provokation", sondern es gilt zu differenzieren wer wem wann wie in die Augen sieht, und erst das entscheidet, ob es eine Provokation ist oder eben nicht.