Rangordnung

[Belosheltie]

Ach du je - du verbietest deinem Hund also einen großen Teil seiner Kommunikations- und Ausdrucksmöglichkeiten, und erhoffst dir dadurch eine Lösung eines eigentlich nicht wirklich vorhandenen Aggressionsproblems?

Dein Hund steckt mitten in einer Entwicklungsphase, mit 22-24 Monaten vollziehen viele Rüden den Schritt ins "Erwachsenendasein", dazu gehört auch ein neues Ich-Gefühl. Mein Rüde hat in etwa dem Alter auch beschlossen: So mit mir nicht mehr! Hat er sich bis dahin von anderen Rüden des Dorfes massiv bedrängen, z.T. auch angreifen lassen und darauf lediglich defensiv-deeskalierend reagiert, schlug das in dem Alter um in "Komm du mir noch mal her du..."

Klar soll mein Rüde nicht jedes Mal austicken wenn er andere Rüden trifft, die ihn aktuell oder in grauer Vorzeit mal angemacht haben. Das erreicht man aber nicht über Unterdrückung und Gegengewalt (auch "Anscheißen"/Schimpfen ist eine Form verbaler Gewalt), sondern über Ruhe und Konsequenz, sowie Belohnung von erwünschtem Verhalten.

Was bei meinem Rüden wahre Wunder wirkt: an der Leine neben/hinter/vor (Wechselweise) einem Kontrahenten laufen müssen, wobei ich Theater seinerseits dabei ignoriere. Nach kurzer Zeit verpufft die testosterongefüllte Supermannwolke um meinen Heldenhund drumherum, es wird langweilig und der andere Hund ist plötzlich uninteressant. Bei echten Hassrüden dauert das vielleicht mal ein paar Minuten, aber auch das ist völlig legitim, wie ich finde. Wenn ich meinen Erzfeind (menschlicher Art) aus dem Dorf treffe, fange ich auch jedes Mal an zu kochen. Nach kurzer Zeit geht es dann wieder

So kann mein Möchtegern-Superheld-Rüde auch mit anderen Möchtegern-Superheld-Rüden zusammen unterwegs sein. Gestern gab es mal mitten auf einem Spaziergang einen "Ausrutscher" bei dem der andere Rüde sich gröhlend auf meinen Rüden stürzte und beide hinterher auf 180 waren, aber nach 3 Minuten kontrollierten Nebeneinander-Gehens an der Leine konnten sich die beiden Großmäuler wieder ignorieren.

Fange ich aber an meinen Rüden zu unterdrücken, anzubrüllen und in seinen Ausdrucksformen massiv einzuschränken, eskalieren auch kleine Situationen viel schneller - ist ja eigentlich auch klar. Vergleicht man den testosterongesteuerten Kerl mit einem Dampfkessel dem man das Ventil zudreht, wird schnell deutlich, warum sowas nicht lange gutgehen kann.

[ABN]

Danke für Deine Antwort, Gudrun!

Das hatte ich in einem Artikel über aggressive Hunde gelesen. Dort wurde behauptet, dass Hunde das Knurren (im Spiel) mit etwas positives und lustiges verbinden könnten ... Über das Scharren ist dort gestanden, dass der Hund alles als sein Territorium beanspruchen will und behandelt dann die andere Hunde als Eindringlinge. Natürlich weiss man nie wer diese Dinge schreibt deswegen wollte ich eure Meinung wissen.

Ich glaube eigentlich nur, dass Denny in einer "Macho-Phase" seiner Pubertät ist (mit 22 Monaten noch?), ich will aber nicht, dass er sich in seiner jetztige Aggressivität bestätigt fühlt.

Dann sind Knurren und Scharren wieder erlaubt (nach einem 1 1/2 Tage Verbot )

Anderes Problemchen: Wenn wir an einem Zaun vorbei gehen und ein Hund vom innen bellt/knurrt, wird Denny total wild. Was tun? Ablenken geht nicht. Schimpfen klappt nur für bekannte Zäune: "hier hat Frauli geschimpf, da benehme ich mich ... aber bei einem neuen Zaun wohl nicht!"

Hilfe, ich will meinen freundlichen Hund wieder haben!

LG, Anna

[Gudrun]

Hallo Anna,

die Zeit des ängstlichen, kuschenden Welpen ist vorbei. Sie käme auch durch eine Kastration nicht wieder. Dein Hund ist, wie meine und die meisten anderen Schäferhunde auch, erst mit ca. 3 Jahren erst im Kopf richtig erwachsen. Das ist wohl die "2. Pubertät", die er gerade durchlebt. Der instinktmäßig verankerte Trieb, das eigene Territorium inkl. häufig begangener Wege als seins zu verteidigen ist genauso typisch wie die Verteidigungsbereitschaft gegenüber (vermeintlichen und tatsächlichen) Feinden, seien sie nun auf 4 Pfoten oder 2 Füßen unterwegs. Umso wichtiger ist deshalb, dass wir Schäferhundler in allen Situationen die Entscheidungshoheit besitzen und nicht etwa dem Hund das Handeln überlassen. Gerade die Kombi "Frau führt Rüden" ist brisant, da wir Frauen aufgrund unseres Geschlechts schon als beschützenswürdig bzw. als zu beschützen von unserem heranwachsenden Großmaul eingestuft werden. Das kenne ich durchaus auch. Während ein Herrchen oft scheinbar von selbst die Beschützerrolle behält und ein Frauchen einer Hündin dies auch einigermaßen easy weiter zugestanden bekommt von ihrer brav untergeordneten Hündin, müssen wir uns unseren Jungs gegenüber schon energisch behaupten. Gerade diese Zaunsituationen sind gut, um "Fuß!", "Hinter mir!" und "Ruh!" auf die Probe gestellt zu bekommen und intensiv eben dort an Ort und Stelle nachzuarbeiten. Wer führt? Überleg Dir, wer Du bist in Eurem Team!

VG Gudrun, die gerade 4 Amerikanische Collierüden mit im Rudel hat, von denen 2 aber noch verkauft werden sollen.

[ABN]

Danke an Gudrun und Belosheltie!

Ich bin wirklich dankbar, dass ihr meine Probleme ernst nehmt und geduldig kommentiert! Denny ist mein erster Hund und trotz Hundeschule, viel lesen und viel fragen mache ich sicher jede Menge Erziehungs-Fehler. Und ganz besonders ist auch, dass ihr beide erfahrene "Schäferhundlerinnen" seid und daher Dennys benehmen besonders gut versteht und kommentiern könnt!

Leider sagen mir viele einfach: "kastrieren!" (sogar manche Hundetrainer ) das will ich aber auf keinen Fall! Menschliche pubertierende Teenagers werden auch nicht kastriert obwohl sie deutlich schlimmer als die meiste Hunde sein können!

LG, Anna (die bald mit neuen Problemen schreiben wird!)